In Kitzingen hat man sich dafür entschieden, zu Beginn des Erneuerungskonzeptes einen Stadtspaziergang mit interessierten Bürger:innen durchzuführen, um auf städtebauliche Missstände in der Altstadt aufmerksam zu machen und mit den Bürger:innen als „Expert:innen vor Ort“ ins Gespräch zu kommen. Die Bürger:innen wurden über die Presse, die sozialen Medien sowie die eigens eingerichtete Projekthomepage auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht und offen dazu eingeladen. Neben zahlreichen Anwohner:innen waren auch Bürger:innen aus dem umliegenden Stadtgebiet sowie einige Vertreter:innen aus Stadtrat und Verwaltung am Freitag, 16. September 2022, dabei. Die Route startete am Rathaus in Kitzingen und führte entlang mehrerer ausgewählter Stationen durch die Altstadt (siehe Auflistung der Ergebnisse). Zu Beginn wurden die Teilnehmenden von Oberbürgermeister Stefan Güntner sowie Bianca Buck, Sachgebietsleiterin Stadtplanung, begrüßt. Anschließend wurden Hintergrund und Ablauf des Erneuerungsprozesses durch die DSK erläutert und Fragen diesbezüglich beantwortet, bevor der eigentliche Spaziergang durch die Altstadt begann. Endpunkt stellte schließlich die Alte Mainbrücke dar, wo die Teilnehmenden von Bürgermeisterin Astrid Glos verabschiedet wurden. Insgesamt nutzten rund 40 Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit des Stadtspaziergangs, um ihre Ideen und Anregungen zur zukünftigen Entwicklung der Kitzinger Innenstadt einzubringen.
Ergebnisse
Der Stadtspaziergang lieferte aufschlussreiche und interessante Erkenntnisse, die im Folgenden stichpunktartig aufgelistet sind:
Hinweis: Die Anregungen dienen der Dokumentation und wurden an dieser Stelle nicht vom Berichtersteller eingeordnet/bewertet.
Start: Rathaus/Kaiserstraße
- Belange der Anwohner frühzeitig bei (verkehrlichen) Planungen berücksichtigen (v.a. im Hinblick auf Parkplätze, Verkehrsberuhigung, Einbahnstraßenführung)
- Verkehrsberuhigung der Kaiserstraße erzielen (Tempo 30 statt Tempo 50; Fahrbahnschwellen errichten)à Hinweis Fr. Buck, dass Umwidmung der Kaiserstraße noch nicht erfolgt ist
- Positivbeispiel: Schließung der Mainbrücke für den MIV;
- Ausreichend Parkplätze in Laufweite von Ärzten, Apotheken, usw. erhalten (Stichwort: Demografischer Wandel)à steht im Gegensatz zur Verkehrsberuhigung der Innenstadt
- Gegenposition: Generelle Verfügbarkeit von so vielen Parkplätzen in der Innenstadt sollte in Frage gestellt werden; stattdessen eher zentrale Parkmöglichkeiten/Parkhäuser an den Stadteingängen
- Parkende Autos auf dem Marktplatz reduzieren
- Separaten Radweg entlang Kaiserstraße ausweisen
1.Stopp: Königsplatz
- Information durch Fr. Buck, dass aktuell ein Wettbewerbsverfahren zur Umgestaltung des Platzes läuft
- Idee: Testlauf für geplante neue Verkehrsführung durchführen (mehrere Wochen/Monate), um mögliche Schwachstellen zu identifizieren, Planung ggf. anzupassen und dadurch mehr Akzeptanz für Vorhaben zu schaffen
- Parkplätze vor Geschäften erhalten (Anwohnerparken ermöglichen, aber Dauerparken vermeiden)
- Tiefgarage unter Königsplatz mit Zufahrt über Kaiserstraße errichten (Topografie nutzen!)
- Im Falle einer ostseitigen Schließung des Platzes für den MIV, Durchfahrt für Radfahrer weiterhin ermöglichen
- Zusätzliche Straßenüberquerungsmöglichkeit (Ostseite) und Zugang zur Grünfläche schaffen
- Mischung aus attraktiven Einkaufsangeboten aber auch Verkehrsberuhigung erzeugen, um Aufenthaltsqualität auf dem Platz zu generieren
- Stopp: Stadtgraben/Stadteingänge
- Verkehrsflüsse von Bahnhof in die Innenstadt durch besseren ÖPNV reduzieren
- Krainberg für Omnibusse sperren bzw. Routenführung ändern
- Idee: Testlauf für Bürgerbus/Shuttlebus durchführen (z.B. HopOn/HopOff Busse/Bahn aus Touristenregion nutzen, wenn Saison rum ist)
- Carsharing einrichtenà Hinweis Frau Buck auf kürzlich gefassten Ratsbeschluss über die Einrichtung von zwei Carsharing-Stationen im Stadtgebiet
- Langfristig: Durchgängigen Radweg entlang Stadtgraben umsetzen (Chance wurde erst kürzlich bei Neubeplanung verpasst)
- Überweg für Fußgänger und Radfahrer über B8 auf Höhe Orthopädiezentrum/zwischen den Bushaltestellen einrichten
- Stopp: Falterstraße/Luitpoldstraße
- Fußgängerüberweg an Falterturm von Friedrich-Ebert-Straße kommend schließenà Problemlose Überquerungsmöglichkeit ist derzeit abhängig, von welcher Richtung/Straßenseite man kommt
- Separaten Radweg ausweisen und mehr Begrünung
- Verkehrsberuhigung und Einbahnstraßenregelung stadteinwärts umsetzen
- Platz für ganzjährige Außengastronomie schaffenà wäre auch für Tourismus attraktiv
- Falterturm als „Wahrzeichnen“ der Stadt stärker inszenieren (z.B. mit Weinreben anstelle von Efeu; wäre Fotohighlight für Wein-Tourismus)à Hinweis von Herrn Roß auf derzeitige Turmsanierung und erste Nutzungs-Überlegungen von Seiten der Stadt
- Stopp: Schwalbenhof/Kapuzinerstraße
- Wird als wertvolle Ruhe Oase in der Stadt wahrgenommenà steht in Kontrast zu Nutzung als Parkplatz
- Bereits erfolgte Gebäudesanierungen und Gastronomie werden positiv wahrgenommenà weitere Entwicklungen in diese Richtung werden befürwortet
- Platz durch mehr Sitzgelegenheiten und Wasserelemente aufwerten (z.B. mit Hilfe des verdolten Bachlaufs unterhalb der Altstadt)
- Zusätzlichen Spielplatz anlegen (evtl. jedoch Nutzungskonkurrenz zu Bleichwasenà besser: einen Standort priorisieren)
- (Teilbereich des) Platz(es) weiterhin für Parken nutzen
- Weitere Außengastronomie ermöglichen
- Stopp: Unterer Mainkai
- Stufen für Fußgänger absichern und Unfallgefahr mindern
- Mehr Bäume und Begrünung schaffen, um starker Aufheizung der Flächen im Sommer entgegen zu wirken
- Fahrradstellplätze und weitere Mülleimer aufstellen
- Gute Gastronomie im Bürgerhaus mit Außensitzplätzen ansiedeln, um attraktiven Zwischenstopp für Radfahrer zu bietenà Hinweis Fr. Buck: neuer Gastronomiebetrieb dieses Jahr wurde wenig angenommen
- Temporäre Sitzgelegenheiten aufstellen (z.B. leere Weinfässer als Symbol für Weinort Kitzingen)
- Stationäre Picknick-Ecke (mit Tisch) errichten
- Bewegungsgeräte für Jung und Alt oder Bouleplatz einrichten, um Frequenz zu erhöhen und Belebung durch konkrete Aktivitäten und Angebote zu erzielen
- Direkten Zugang zum Wasser schaffen, z.B. durch Holzsteg
- Stopp: Schrannenstraße/Brückenkopf/Alte Mainbrücke
- Anwohnerparken verbessern, z.B. indem Anwohner aus der Kaiserstraße nicht mehr in der Schrannenstraße parken dürfen
- Verkehrsfluss auf der B8 verbessern (z.B. durch bessere Ampelschaltung), um Ausweichen/Abkürzen über Schrannenstraße aus Zeitersparnis zu vermeiden
- Barrierefreien Zugang von Schrannenstraße zum Mainkai schaffen (für Rollatoren, Kinderwägen, Gehbeeinträchtigung)
- Lücken im Fußwegenetz entlang der Schrannenstraße schließen
- Separaten Radweg und Verkehrsberuhigung entlang Schrannenstraße (Idee: Spielstraße)
Weitere Anregungen:
- Engstelle am Kreisel Gustav-Adolf-Platz/Fischergasse durch Einbahnstraßenregelung „entschärfen“à Ergebnis der Verkehrszählung als Grundlage verwenden
- Aufenthaltsqualität auf dem Kirchplatz erhöhenà der Platz sollte ein Ort der Ruhe sein und nicht für Fußballspiele genutzt werden
- Kurzfristige Maßnahmen zeitnah umsetzen
- Bereits erfolgte Schritte, Planungen oder auch Begründungen gegen Vorhaben besser kommunizieren (z.B. Ergebnis der Verkehrszählung wieder auf die Homepage einstellen)
- Bürger:innen frühzeitig in die Planung einbeziehen und anhören, bevor Entscheidungen getroffen werden
Im Rahmen des Stadtspaziergangs wurde deutlich, dass den Bürger:innen die Innenstadt von Kitzingen ein besonderes Anliegen ist und aus ihrer Sicht hier noch deutlicher Handlungsbedarf besteht – insbesondere im Hinblick auf verkehrliche Themen. Dabei stehen die Belange und Anforderungen unterschiedlicher Nutzergruppen (z.B. Anwohner:innen, Besucher:innen, Tourist:innen) sich jedoch häufig gegenüber. Eine zentrale Herausforderung der zukünftigen Innenstadtentwicklung wird daher auf der Entwicklung geeigneter Lösungen unter Einbezug der Bürgerschaft liegen. Der Stadtspaziergang im Rahmen des Erneuerungskonzepts stellte daher einen ersten wichtigen Beteiligungsbaustein dar.